Autorenangabe
Leando
Seitenabschnitte
Textblock

Lucas Aufgabe ist es, einen Kindergeburtstag mit sieben Gästen zu gestalten, Alex muss in der Prüfung zeigen, wie eine Straßenbahntür instandgesetzt wird. Was haben diese Prüfungsaufgaben aus den Ausbildungsberufen „Elektronikerin für Betriebstechnik“ und „Hauswirtschafter“ gemeinsam?

Beides sind komplexe, praktische Aufgaben, bei denen es darauf ankommt, dass der Prüfling Arbeitsaufträge planen, durchführen und reflektieren/kontrollieren kann. Und beides sind Beispiele für die Prüfungsmethode „Betrieblicher Auftrag“.

Verschiedene Ausbildungsberufe nutzen den betrieblichen Auftrag als Prüfungsinstrument

In etwa zehn Prozent der dualen Ausbildungsberufe ist der betriebliche Auftrag derzeit als Prüfungsinstrument in den Ausbildungsordnungen verankert. Unter anderem bei angehenden Hauswirtschaftern, Geomatikerinnen, Orthopädietechnik-Mechanikern oder Eisenbahnerinnen ist der betriebliche Auftrag für jeweils einen Prüfungsbereich in der Abschluss- bzw. Gesellenprüfung als Prüfungsinstrument festgelegt. In anderen Berufen ist er eine von zwei Optionen. Bei den Abschlussprüfungen in vielen Metall- und Elektroberufen besteht die Möglichkeit, zwischen zwei Varianten zu wählen, um etwa die Fähigkeiten im Prüfungsbereich „Arbeitsauftrag“ vorzuweisen: dem betrieblichen Auftrag und der Arbeitsaufgabe.

Was kennzeichnet den betrieblichen Auftrag? „Arbeitsaufgabe“ versus „betrieblicher Auftrag“

Beim Variantenmodell entscheidet der Ausbildungsbetrieb des Prüflings, ob dieser den „Betrieblichen Auftrag“ ausführt oder die „Arbeitsaufgabe“. Im Idealfall bezieht er den Prüfling dabei ein. Beides sind Prüfungsinstrumente, die darauf abzielen, die Arbeits- und Vorgehensweise des Prüflings zu bewerten, sprich: wie gut er oder sie darin ist, Arbeitsaufträge eigenständig zu planen, durchzuführen und zu kontrollieren. Doch wo liegen die Unterschiede zwischen den beiden Prüfungsinstrumenten? Was macht einen betrieblichen Auftrag aus? 

  • Eine Arbeitsaufgabe ist üblicherweise eine komplexe praktische Aufgabe, die der Prüfling in einem vorgegebenen Zeitrahmen in Anwesenheit des Prüfungsausschusses durchführt. Die Arbeitsaufgabe ist oft stärker auf die Prüfungssituation zugeschnitten. Sie kann zentral oder durch den Prüfungsausschuss erstellt werden.
  • Der betriebliche Auftrag ist eine authentische Aufgabe, die im realen Betrieb oder bei dessen Kunden durchgeführt wird. Der Prüfling muss sie eigenständig planen, durchführen und dies mit praxisbezogenen Unterlagen dokumentieren. Während der Prüfling den betrieblichen Auftrag ausführt, ist der Prüfungsausschuss in der Regel nicht zugegen. Die Aufgabe soll in den Betriebsalltag eingebunden sein. Sie wird durch den Ausbildungsbetrieb vorgeschlagen und muss vom Prüfungsausschuss genehmigt werden.

Beim betrieblichen Auftrag führt der Prüfling die Aufgabe also im Ausbildungsbetrieb oder bei einem Kunden durch. Das bedeutet: Der Prüfungsausschuss muss objektiv und nachvollziehbar bewerten, ob der Prüfling die beruflichen Arbeitsprozesse beherrscht, obwohl er bei der eigentlichen Durchführung nicht anwesend ist. Bewertet werden nämlich nicht die Bearbeitung bzw. das Ergebnis des betrieblichen Auftrags direkt, sondern die Leistung wird über das Fachgespräch bewertet, das daher zwingend mit einem betrieblichen Auftrag zu kombinieren ist. In Abhängigkeit von den Prüfungsregelungen kann die Dokumentation über praxisbezogene Unterlagen mit in die Bewertung einfließen.

Dieser Umstand ist eine Herausforderung für viele Prüfende. Hinzu kommt, dass die Aufgabenstellungen von Prüfling zu Prüfling variieren. Während die Arbeitsaufgabe zentral für viele Prüflinge festgelegt werden kann, ist der betriebliche Auftrag jeweils maximal individuell.

Titel
Der betriebliche Auftrag – was ist das?
Icon
Download
Titel
Auswahl und Genehmigung des betrieblichen Auftrags
Elemente
Titel
Auswahl des betrieblichen Auftrags
Beschreibung

Der Ausbildungsbetrieb und der Prüfling wählen eine geeignete Aufgabe aus, die sich an den Tätigkeiten orientiert, die für den Ausbildungsberuf typisch sind. Es soll sich um einen realen Auftrag aus der betrieblichen Praxis handeln, der komplex genug ist: Das bedeutet, dass der Prüfling Gelegenheit hat, eigenständig zu arbeiten und facharbeitertypische Entscheidungen zu treffen. Der Auftrag muss die verschiedenen Phasen des Handlungszyklus (Information, Planung, Durchführung, Kontrolle) umfassen. 

Titel
Erstellen und Einreichen der Antragsunterlagen
Beschreibung

Der Prüfling muss eine Beschreibung des betrieblichen Auftrags erstellen. Dazu gehören eine klare Aufgabenbeschreibung, ein Zeitplan sowie Angaben zum Material- und Ressourcenbedarf. Der ausbildende Betrieb meldet in der Regel seine Auszubildenden zur Prüfung an, Prüfling und/oder Ausbildungsbetrieb reichen den Antrag zum betrieblichen Auftrag bei der zuständigen Stelle ein – die Verantwortung hierfür kann je nach Region und zuständiger Stelle variieren. Der Antrag muss alle formalen Vorgaben erfüllen und rechtzeitig vor der Durchführung gestellt werden. Die Fristen (in der Regel einige Wochen) können je nach zuständiger Stelle, Beruf und Prüfungsordnung variieren.

Titel
Überprüfung und Genehmigung durch den Prüfungsausschuss
Beschreibung

Der Prüfungsausschuss prüft, ob der Antrag die Anforderungen der Ausbildungsordnung erfüllt, z. B. ob die Aufgabe für den Ausbildungsberuf berufstypisch und relevant ist, ob sie angemessen komplex ist und der Prüfling hiermit seine Kenntnisse und Fähigkeiten zeigen kann, die für die fachgerechte Durchführung des Prozesses wichtig sind. Falls der Antrag Mängel aufweist, wird der Prüfling zur Nachbesserung aufgefordert.

Nach der Genehmigung kann der Prüfling den betrieblichen Auftrag im Ausbildungsbetrieb durchführen und mit praxisüblichen Unterlagen dokumentieren. Hierfür ist in der Regel ein Zeitrahmen festgelegt, innerhalb dem der Prüfling den Auftrag durchführt. Die genaue Vorgehensweise kann je nach Beruf und zuständiger Stelle variieren – es ist also wichtig, die jeweiligen Vorgaben zu beachten.
 

Beschreibung

Anforderungen an den betrieblichen Auftrag

Der Ausbildungsbetrieb wählt den betrieblichen Auftrag aus, den der Auszubildende durchführen soll. Welche Kriterien muss eine Aufgabe erfüllen, um als betrieblicher Auftrag genehmigt zu werden? 

Die Aufgabe muss 

  • für den Beruf typisch sein,
  • Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern, die für den Prüfungsbereich wichtig sind,
  • im von der zuständigen Stelle vorgegebenen Zeitfenster durchgeführt werden können,
  • mit praxisbezogenen Unterlagen dokumentiert werden können,
  • im zeitlichen Umfang zu den Anforderungen der Ausbildungsordnung passen,
  • hinreichend komplex sein, nicht zu einfach, nicht zu schwer. Die Lösung der Aufgabe soll nicht unmittelbar ersichtlich sein.
  • Die Aufgabe sollte den Handlungszyklus (Planung (Vorbereitung), Durchführung, Kontrolle (Nachbereitung) abbilden. In einigen Berufen kommt noch die Information als weiteres Handlungselement vor der Planung hinzu. 
  • Es soll ein realer Auftrag sein, der im Betrieb oder beim Kunden durchgeführt wird.
  • Die eigenständige Leistung des Prüflings muss sichergestellt sein.
     
Stil
Hellgrau
Textblock

Auf den Websites vieler Kammern finden sich nützliche Entscheidungshilfen. Diese geben den Ausbildungsbetrieben Anhaltspunkte, welche Aufgaben die Auszubildenden in den Bereichen „Information“, „Planung“, „Durchführung“, „Kontrolle“ erfüllen sollte. Ebenso unterstützt die Entscheidungshilfe dabei, den zeitlichen Umfang der jeweiligen Projektphasen zu planen. Sie finden Beispieldokumente in unserer Linksammlung am Ende des Beitrags. Der Ausbildungsbetrieb kann sich mit Fragen auch direkt an die zuständige Stelle wenden. 

Dokumentation und Fachgespräch sind für die Bewertung unerlässlich

Für die Bewertung des betrieblichen Auftrags stehen dem Prüfungsausschuss die vom Prüfling erstellte Dokumentation mit praxisbezogenen Unterlagen zur Verfügung sowie das auftragsbezogene Fachgespräch. Diese beiden Prüfungsinstrumente gehen immer mit dem betrieblichen Auftrag einher. Da er ja bei der Durchführung des betrieblichen Auftrags selbst in der Regel nicht anwesend ist, wäre dem Prüfungsausschuss die Bewertung der Leistung des Prüflings ansonsten nicht möglich. Als weiteres Prüfungsinstrument kann eine Präsentation hinzukommen.

Die Dokumentation mit praxisbezogenen Unterlagen erstellt der Prüfling immer, während er den betrieblichen Auftrag ausführt. Das Fachgespräch und eine eventuelle Präsentation finden im Anschluss daran statt. Die Zeitvorgaben für die Prüfungsinstrumente sind dabei individuell verschieden und im Regelfall der jeweiligen Ausbildungsordnung zu entnehmen.

Icon
Download
Beschreibung

Beispiele für den zeitlichen Rahmen des betrieblichen Auftrags

Geomatiker/-in: Prüfungsbereich „Geodatenprozesse“

Hauswirtschafter/-in: Prüfungsbereich „Hauswirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen erstellen und vermarkten“

  • Durchführung des betrieblichen Auftrags inkl. Dokumentation mit praxisbezogenen Unterlagen (24 Stunden)
  • Präsentation (10 Minuten) + auftragsbezogenes Fachgespräch (20 Minuten)

Eisenbahner/-in: Prüfungsbereich „Zug- und Rangierfahrten durchführen“

  • Durchführung des betrieblichen Auftrags inkl. Dokumentation mit praxisbezogenen Unterlagen (120 Minuten)
  • auftragsbezogenes Fachgespräch (25 Minuten)
Stil
Hellgrau
Textblock

Die Dokumentation mit praxisbezogenen Unterlagen muss den Handlungszyklus zur Bearbeitung des Auftrags nachvollziehbar und vollständig abbilden: Das ist einerseits wichtig, damit der Prüfungsausschuss einen guten Einblick in die Planungs- und Vorgehensweise des Prüflings gewinnt, andererseits, damit er Fragen für das Fachgespräch vorbereiten kann. Die Dokumentation enthält in der Regel Erläuterungen zu

1. Information oder Bedarfsanalyse 
2. Planung
3. Durchführung und 
4. Kontrolle/Nachbereitung des Betrieblichen Auftrags.

Als praxisbezogene Unterlagen fügt der Prüfling Dokumente bei, die während der Bearbeitung des betrieblichen Auftrags entstehen. Dies können – je nach Beruf – Zeichnungen, Pläne, Skizzen, Prüfprotokolle, Fotos oder weitere Unterlagen sein, die den Prozess von der Planung über den Ablauf bis hin zu den Ergebnissen abbilden.

Fachgespräch zum betrieblichen Auftrag

Für Prüfende ist es wichtig, sich sorgfältig auf das Fachgespräch vorzubereiten, um gezielte Fragen zu den Inhalten der Dokumentation und den durchgeführten Arbeitsschritten stellen zu können. Der Prüfungsausschuss muss einschätzen, ob der Prüfling den Prozess eigenständig durchgeführt hat und nachvollziehbar machen kann, dass er die Probleme selbst gelöst hat.

Folgende Fragen zu diesen Aspekten können unter anderem wichtig sein:

  1. Arbeitsprozess: Hat der Prüfling die Zusammenhänge und Schritte des betrieblichen Auftrags durchdrungen und sich über alternative Wege Gedanken gemacht
  2. Problemlösung: Wie ist der Prüfling mit Herausforderungen während der Durchführung des betrieblichen Auftrags umgegangen und welche Lösungen hat er entwickelt
  3. Fähigkeit zur Selbstreflexion: Ist der Prüfling fähig, seine eigenen Entscheidungen kritisch zu hinterfragen und potenzielle Verbesserungen zu erkennen?

Lesen Sie hierzu auch den Leando-Beitrag: Was ist ein Fachgespräch? Was und wie wird bewertet? 

Präsentation des betrieblichen Auftrags

Einige Ausbildungsordnungen sehen eine Präsentation mit einem festen Zeitfenster (z.B. 10 Minuten) vor, in dem der Prüfling vor dem Fachgespräch den betrieblichen Auftrag vorstellt. Der Prüfling präsentiert hierbei die Ausgangssituation, die Aufgabenstellung, seine Vorgehensweise und die Ergebnisse. Aus der Präsentation soll hervorgehen, dass er mit Herausforderungen umgehen und Lösungen entwickeln kann und dass er die Fachkenntnisse besitzt, die für die Umsetzung des betrieblichen Auftrags notwendig sind. Formale Hinweise für den Ablauf der Präsentation sowie die Verwendung von Medien und Präsentationsunterlagen finden sich oft in den Richtlinien der für den jeweiligen Ausbildungsberuf zuständigen Stellen.

Auch wenn die Ausbildungsordnung kein festes Zeitfenster für die Präsentation vorgibt, ist es in der Praxis üblich, dass der Prüfling im Fachgespräch kurz den betrieblichen Auftrag vorstellt, bevor der Prüfungsausschuss mit seinen Fragen beginnt.

Arbeitsergebnis kann in die Bewertung einbezogen werden

Prinzipiell kann auch das Arbeitsergebnis in die Bewertung einbezogen werden. Dies ist natürlich nur dann möglich, wenn das Werkstück oder Ergebnis transportabel ist. In den Richtlinien einiger zuständiger Stellen ist vermerkt, dass der Prüfling Modelle oder das Werkstück mitbringen darf, um den Prüfern einen realen Eindruck der Arbeit zu vermitteln. Dabei werden diese Produkte selbst nicht bewertet, sondern unterstützen die Dokumentation und können somit in die Bewertung einbezogen werden. 

Titel
Dokumentation mit praxisbezogenen Unterlagen
Beschreibung

Der betriebliche Auftrag im Überblick

  1. Kurzbeschreibung: Der betriebliche Auftrag ist eine praxisnahe Prüfungsaufgabe, die im Ausbildungsbetrieb oder beim Kunden durchgeführt wird.
  2. Ziel: Beurteilung der Fähigkeit des Prüflings, einen Arbeitsauftrag eigenständig zu planen, durchzuführen und zu kontrollieren.
  3. Berufe: In etwa 10 % der dualen Ausbildungsberufe, u. a. Hauswirtschaft und Geomatik, Metall- und Elektroberufe.
  4. Durchführung: Erfolgt im Betrieb in der Regel ohne Anwesenheit des Prüfungsausschusses.
  5. Genehmigung: Der Prüfungsausschuss prüft, ob die Aufgabe berufsrelevant, ausreichend komplex und praxisnah ist. Er kann danach den Antrag genehmigen, ablehnen oder dem Prüfling zur Nachbesserung zurückgeben.
  6. Dokumentation: Der Prüfling dokumentiert den Auftrag vollständig, einschließlich Planung, Durchführung und Kontrolle, mit praxisbezogenen Unterlagen.
  7. Fachgespräch: Der Prüfungsausschuss führt ein auftragsbezogenes Fachgespräch zur Überprüfung des Prozessverständnisses und der Problemlösungskompetenz des Prüflings.
  8. Präsentation: Falls vorgesehen, stellt der Prüfling den Auftrag und seine Ergebnisse in einer kurzen Präsentation vor.
  9. Bewertung: Objektive und nachvollziehbare Bewertung anhand der Dokumentation und des Fachgesprächs.
     
Icon
Bookmark setzen
Stil
Hellgrau
Teaserbild
Bild
Auszubildender oder Prüfling arbeitet konzentriert mit Messschiene
BIBB
Seiten-Teaser Text

Beim betrieblichen Auftrag führen Prüflinge reale Arbeitsaufträge in ihrem Betrieb durch, dokumentieren diese mit praxisbezogenen Unterlagen und führen dazu ein Fachgespräch mit dem Prüfungsausschuss. Herausforderung für Prüfende ist es, die berufliche Handlungskompetenz vor allem anhand des Fachgesprächs objektiv zu beurteilen.

Kachel-Teaser Text
Beim betrieblichen Auftrag führt der Prüfling einen realen Arbeitsauftrag in seinem Betrieb oder bei einem Kunden durch.
Zielgruppen
Sprungmarken
An