Wenn es darum geht, insbesondere mündlich und/oder praktisch zu erbringende Prüfungsleistungen zu bewerten, stellt dies besondere Anforderungen an die Prüfenden. Die Qualität der Prüfung und ihre Gültigkeit, Zuverlässigkeit und Objektivität müssen gesichert sein.
Objektive Bewertungen können durch vielerlei Faktoren beeinflusst werden, die dann zu Bewertungsfehlern führen können. Meist sind diese Faktoren subjektiv bedingt und ziehen in der Regel verzerrte Prüfungsresultate nach sich. Aus diesem Grund sollten Prüfende typische Bewertungsfehler kennen und versuchen, sie systematisch zu vermeiden. Um Prüfende dabei zu unterstützen, möglichst objektiv zu bewerten, stellen einige zuständige Stellen Bewertungsbögen und Bewertungskriterien zur Verfügung. Gelegentlich werden auch Workshops angeboten, die die Teilnehmenden in diesem Rahmen auch dafür sensibilisieren, Bewertungsfehler zu erkennen.
Persönlichkeitsbedingte Bewertungsfehler:
- Fehler durch Projektionen: Eigene Eigenschaften und Fähigkeiten werden auf die zu beurteilende Person projiziert. Auch eine eigens erlebte strenge oder milde Bewertung kann das eigene Bewertungsverhalten beeinflussen.
- Fehler durch Vorurteile, Stereotype: Die Beurteilung der Leistung einer Person wird durch Vorurteile (z. B. gegenüber dem Geschlecht, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer Firma) oder Stereotype (z. B. „Alle Bayern tragen Lederhosen“) verfälscht.
- Fehler durch Sympathie bzw. Antipathie: Personen, die besonders sympathisch oder unsympathisch sind, werden besonders gut oder besonders schlecht beurteilt.
Wahrnehmungsfehler:
- Primäreffekt: Der erste Eindruck einer Person prägt maßgeblich die weitere Einschätzung.
- Halo-Effekt: Bestimmte Eigenschaften einer Person (z. B. attraktive Erscheinung, selbstbewusste Ausdrucksweise) überstrahlen die Wahrnehmung der Prüfungsleistungen.
Maßstabsfehler:
- Tendenz zur Strenge/zur Milde: Die Leistung einer Person wird besonders streng oder besonders milde beurteilt.
- Tendenz zur Mitte: Bei der Leistungsbeurteilung wird sich an den Mittelwerten orientiert.
- Tendenz zur Gruppennorm: Die Leistungsbeurteilung einer Person wird anhand der Leistungen der anderen Gruppenmitglieder, nicht anhand der Beurteilungskriterien vorgenommen.
- Reihenfolge-Effekt: Die Leistungen einer Person werden an den Leistungen der zuvor geprüften Person gemessen.